Wandern ist außerordentlich gut für die Gesundheit. Was jedem Wanderer längst klar ist, wird jetzt auch mehr und mehr von der Wissenschaft bestätigt. Dabei bringen Forscher*innen ans Licht, wie erstaunlich weit die positiven Gesundheitseffekte des Wanderns reichen.
Wandern ist nicht nur ein „Breitband-Tonikum“, also eine Art Allheilmittel gegen alle Zivilisationskrankheiten, es kann auch zur Vorsorge zahlreicher Krankheiten, wie Diabetes und Krebs, dienen. Sogar die Augen und die Atmung profitieren von regelmäßigem Gehen an der frischen Luft.
Lesen Sie hier im Detail, wie Wandern sich auf die körperliche Gesundheit auswirkt. Informationsquelle ist die Materialsammlung des ersten „Gesundheitskongress Wandern“. Alle veröffentlichten Unterlagen finden Sie hier.
Teil 1: Körperliche Gesundheit
Herz und Kreislauf
Eine der ersten Studien, die den Effekt regelmäßigen Gehens untersuchte, verglich die Lebenserwartung und den Gesundheitszustand von Postboten mit der von Schalterbeamten in den 60er Jahren. Bereits damals wurde klar, dass die Teilnehmer, die ihr ganzes Berufsleben sitzend verbrachten, drei Mal so oft durch Herzinfarkt starben, wie ihre Kollegen, die zu Fuß die Post auslieferten.
Die Senkung des Herzinfarktrisikos ist ein erheblicher Vorzug des Wanderns. Bereits drei Stunden pro Woche verringern das Risiko eines Herzinfarkts um 50%, besagt eine US-Studie.
Professor Doktor Scheumann, Autor des Buches „Wandern, Walken, Joggen“, bestätigt, dass Wandern darüber hinaus das vorzeitige Altern bremst und beschreibt den Effekt des Wanderns auf das Herz-Kreislauf System im Detail. Regelmäßiges Gehen senkt den systolischen Blutdruck (oberer Blutdruckwert), führt zu einer verbesserten Blutversorgung des Herzens selber, eine Verminderung des Ruhepulses, einem verbesserten Schlagvolumen und einer verminderten Neigung zur Bildung von Blutgerinnseln und beugt so Thrombose vor.
Zudem verbessert Wandern die Fließeigenschaften des Blutes und den Zustand der Blutgefäße, senkt den Cholesterin-Spiegel und kann auch von Menschen mit Kreislaufbeschwerden ausgeführt werden.
Sie möchten sich einen kurzen Überblick über die Wirkung des Wanderns auf die Gesundheit verschaffen?
Unsere Infografik stellt 6 der zahlreichen Vorteile des Wanderns für den Körper vor.
Immunsystem
Die körperliche Gesundheit beruht nicht nur auf dem Herz-Kreislauf, sondern auch auf dem Immun- und Stoffwechselsystem. Während die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems sich besonders durch intensives Ausdauertraining verbessert, profitieren Immunsystem und Stoffwechsel Forschern zu folge vor allem durch schwaches Ausdauertraining. Der Effekt eines niedrig intensiven Trainings braucht Zeit, um sich bemerkbar zu machen, hält dafür aber umso länger an.
Moderate, aerobe Belastungen steigern die Aktivität der B und T-Zellen. Durch die positive, psychische Wirkung des Wanderns werden sogar noch zusätzliche „Killerzellen“ erzeugt. Im Gegensatz dazu kann intensives Training das Immunsystem schwächen. Forscher*innen stellten fest, dass die Anzahl der Killerzellen bei Läufer*innen nach einem Marathon abnimmt.
Übrigens ist das Wandern im Winter besonders gut für das Immunsystem. Wer in der kalten Jahreszeit regelmäßig moderates Ausdauertraining betreibt, stärkt das Immunsystem gegen Husten, Schnupfen und Bronchitis. Durch das Training werden Immunglobuline und natürliche Killerzellen gebildet.
Im Detail geschieht das folgendermaßen: der zusätzliche Kältereiz hat verschiedene Effekte. Der Körper reagiert auf die Kälte damit, dass sich die Blutgefäße verengen, desweiteren nimmt die Muskeldurchblutung zu, der Stoffwechsel wird aktiviert und die Herzfrequenz erniedrigt sich. Wenn der Kältereiz vorbei ist, erweitern sich die Blutgefäße und die Haut erwärmt sich schneller. Dies ist ein natürliches Gefäßtraining und führt zu einer erhöhten Widerstandskraft gegen Infektionen.
Stoffwechsel
Die positive Wirkung von regelmäßiger Bewegung auf den Stoffwechsel kann man kaum zu hoch einschätzen. Moderate Sportarten wie Laufen und Wandern regen die Verdauung an, verbessern die Cholesterinwerte, führen zu einer Zunahme der Mytochondrien und einer geringeren Laktatproduktion.
Der Spiegel des LDL Cholesterin, das für Arteriosklerose mitverantwortlich ist, sinkt, während der HDL Spiegel steigt.
Wieder gilt, dass das optimale Training für den Stoffwechsel aus einer Mischung aus einer geringen Intensität und einer längeren Dauer, dem so genannten Trainingsumfang, basiert.
Der zentrale Vorteil von moderater, sportlicher Betätigung, wie dem Wandern, ist der bessere Fettstoffwechsel. Wenn Sie mit einem Durchschnittstempo von 6km/h unterwegs sind, beträgt die Fettverbrennung 40%. Bei 12km/h sind es nur noch 20% der Energiegewinnung, besagt die Studie von Simon aus dem Jahr 2000.
Übergewicht
Sportmediziner*innen empfehlen ein sanftes Ausdauertraining für alle, die abnehmen wollen. Wandern hilft nicht nur dabei Gewicht zu verlieren, sondern verhindert das Eintreten des frustrierenden Jojo-Effekts. Der Jojo Effekt kommt folgendermaßen zu stande: wer abnimmt, verliert nicht nur Fett, sondern auch Muskelmasse. Die Muskelmasse ist stark für den Energie-Grundumsatz zuständig. Sinkt die Muskelmasse, sinkt auch der Grundbedarf. Um das Gewicht trotz geringerem Kalorienbedarf zu halten, müsste man mit jedem abgenommenen Kilo weniger essen. Wer weiter abnehmen will, muss nun die Kalorienaufnahme drastisch senken. Das ist kaum zu schaffen.
Andernfalls hilft Bewegung, den Kalorienbedarf zu steigern und die aufgenommene Energie zu verbrennen.
Regelmäßige Bewegung hilft zusätzlich dabei, den Appetit zu regulieren, anstatt ihn anzuregen.
Wandern und Bewegung an der frischen Luft steigern darüber hinaus das Wohlbefinden. Eine Studie kam zu der Erkenntnis, dass sich so gesündere Essgewohnheiten natürlich einstellen.
Übergewicht zu reduzieren ist außerdem gut für das Herz, da es die Arbeit, die das Herz leisten muss, verringert.
Krebsfürsorge
Regelmäßige Bewegung beugt Krebs vor. Sportarten wie Wandern, die auf moderates aber anhaltendes Ausdauertraining setzen, helfen vor allem das Risiko für Darm-, Brust-, Prostata-, Lungen- und Unterleibskrebs erheblich zu senken. Woran liegt das?
In einer Harvard Studie stellten Forscher*innen fest, dass das Sterberisiko durch Krebs bei Teilnehmern mit 2000 Bewegungskalorien pro Woche um 35% sinkt. Das galt vor allem für Darmkrebs. Bei 4000 Bewegungskalorien sinkt ebenfalls das Erkrankungsrisiko für Prostata-Krebs. Eine Erklärung hierfür ist, dass durch Bewegung die Transportgeschwindigkeit in Magen und Darm zunimmt. So wird der Einfluss von krebserregenden Stoffen in der Nahrung auf die Darmwände reduziert.
Wandern und andere Ausdauersportarten führen auch zu einer Abnahme zirkulierenden Östrogens, was mit weiblichen Krebsformen in Verbindung gebracht wird.
Ein weiterer Aspekt der Krebsvorbeugung durch Ausdauersport ist die Reduzierung von Stress. Dieser Effekt wird durch die wohltuende Nähe zur Natur noch weiter verstärkt. Der Schlüssel ist hier das Immunsystem. Positive psychische Effekte stärken das Immunsystem und tragen so zum Schutz vor Krebs bei.
Das geschieht folgendermaßen: der Körper hat seine eigene Krebsabwehr. Sie besteht unter anderem aus T-Zellen, die ungewöhnliche Zellen, wie Krebszellen, erkennen. Manche Zellen können auch eigene Antikrebswirkstoffe, beispielsweise Interleukin und Interferon, produzieren. Ein weiterer wichtiger Bestandteil sind jedoch die so genannten NK- oder „Killerzellen“, die Krebszellen direkt vernichten. Stressbezogene Hormone (Corticostereoiden) schwächen das Immunsystem und beschleunigen die Entwicklung von Krebskrankheiten.
Emotionale Stressfaktoren wie schwierige Lebenslagen und emotionale Belastungen, erhöhen das Krebsrisiko, da unterdrückte Emotionen zur Ausschüttung von Stresshormonen führen können. Diese wiederum blockieren die NK-Zellen, die Krebszellen nun nicht mehr vernichten.
Eine Studie an Patientinnen zeigt, dass das Risiko an Brustkrebs zu erkranken nach dem Verlust des Partners, von Freunden oder der Arbeit erheblich steigt.
Stress löst Krebs also nicht direkt aus, sondern vermindert die körpereigene Abwehr und begünstigt so Krebserkrankungen.
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Diabetes
Ausreichende und regelmäßige Bewegung senkt den Blutzuckerspeigel. Bewegungsmangel ist einer der Hauptauslöser für Diabetes Typ 2 (Altersdiabetes). Regelmäßiges Gehen dient aber nicht nur zur Prävention der Volkskrankheit. Wer bereits erkrankt ist, kann durch zügiges Wandern den eigenen Bedarf an medikamentösem Insulin senken und darüber hinaus das Risiko für gefürchtete Folgekrankheiten wie Arteriosklerose und Schlaganfall deutlich mindern.
Wie kommt es dazu? Bewegung, egal in welcher Form, erhöht die Glukosetoleranz und die Insulinsensitivität. Diese sind im Krankheitsfall gestört. Betroffene sind „insulinresistent“, das heißt Insulin wirkt nicht richtig in den Körperzellen. Zucker kann nicht ausreichend vom Blut ins Gewebe aufgenommen werden und führt so zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel.
Bereits zwei Stunden pro Woche zu Laufen verringert die generelle Sterblichkeitsrate um 39%. Drei bis vier Stunden senken sie um 54% ab.
Skelett und Muskeln
Die Stärkung der (Bein-) Muskulatur und des Stützapparates entlastet die Knochen. Darüber hinaus beugt Wandern Osteoporose vor, da es dabei hilft Knochenmasse aufzubauen. Auch die Gelenkknorpelschicht, die gerade durch Sportarten wie Jogging belastet wird, wird durch Wandern gestärkt.
Eine gut trainierte Beinmuskulatur entlastet sensible Körperteile wie das Knie- und Hüftgelenk. Knochen, Gelenke, Sehnen und Bänder werden so stabilisiert. Der Aufbau der Haltemuskulatur duch den Wandersport verbessert die Statik der Wirbelsäule und somit die gesamte Körperhaltung. Das Navigieren auf unterschiedlichem Terrain dient zusätzlich dazu die Trittsicherheit zu verbessern und reduziert so die Sturzgefahr im Alter.
Ausgiebige Aufenthalte in der Natur führen dazu, dass durch die Aufnahme von UV Strahlen im Körper mehr Vitamin D gebildet wird. Das wiederum fördert die Kalzium Aufnahme und den Knochenstoffwechsel und beugt Krankheiten wie Rachitis vor.
Bei Bergwanderungen mit steilem An- und Abstieg ist jedoch Vorsicht geboten: untrainierte Beinmuskulatur kann das Verletzungsrisiko erhöhen. Passen Sie also den Schwierigkeitsgrad Ihrer Wanderung an Ihr Fitness-Level an und trainieren Sie Ihre Ausdauer und Belastbarkeit vor längeren Wanderungen.
Atemwege
Wandern verbessert das Atemzugvolument und die Lungenvitalkapazität. Das heißt, dass die Menge an Luft, die mit jedem Atemzug aufgenommen wird, steigt. Die Folge ist eine tiefere, regelmäßige Atmung, eine bessere Durchblutung der Lunge und eine geringere Atemfrequenz.
Die sinkende „Atemarbeit“ wirkt sich gerade auf chronische Lungenerkrankungen wie Asthma positiv aus. Die gesteigerte Lungenvitalkapazität heißt, dass Herz und Kreislauf durch den höheren Sauerstoffgehalt entlastet werden.
Wanderungen im Wald verwöhnen die Lunge mit Luft von höchster Qualität: sie ist nicht nur sauber, sondern wenn man es genau nimmt mit einem Hauch von ätherischen Ölen angereichert.
Rheuma
Wandern und andere Bewegungsformen mit geringer Belastung werden für Menschen, die unter Rheuma, speziell Arthrose so wie anderen Knochen- und weichteilrheumatischen Erkrankungen leiden, empfohlen. Wichtig ist aber, dass Wandern nur zur Behandlung von chronischen, nicht von akuten Schmerzen eingesetzt wird. Das Verschleißen, die Störung der Funktion und die Linderung der Schmerzen sind unter anderem auf die Stärkung und darauf folgende Entlastung durch die Muskulatur zurück zuführen.
Die Wanderforschung empfiehlt Betroffenen auch lange Abstiege auf Wanderungen zu vermeiden, da diese Arthrosen, besonders im Knie, verstärken können. In Gegenden mit Ski-Lift können Sie also zum Berg hochlaufen und mit dem Lift runter fahren.
Sehvermögen
Vielleicht hätten Sie es nicht erwartet, aber Wandern ist gut für die Augen. Ausdauernde Bewegung bei mäßiger Intensität führt dazu, dass auch die Augen besser durchblutet werden. So senkt sich der Augeninnendruck und beugt so einem vorschnellen Verschleiß der Augen vor. Studien haben belegt, dass das auch für Menschen gilt, die vom so genannten Grünen Star betroffen sind.
Lebenserwartung
Wandern gilt als eine der gesündesten und risikoärmsten Sportarten. Wer in der Woche zwei bis drei Stunden wandert, kann sein Leben um zweieinhalb Jahre verlängern (Ärztliche Praxis, Westfälische Umschau).
Dr Leaf aus Kalifornien, der die Gewohnheiten von Hundertjährigen untersuchte, bestätigt, dass sie alle begeisterte Geher sind. Wer lange leben möchte, macht ihm zufolge also nichts falsch damit, es sich anzugewöhnen regelmäßig zu gehen.