Die Pilgerwege in Irland bieten Pilger*innen nicht für vielfältige und tiefgehende Erlebnisse, sie erzählen auch wichtige Episoden der irischen Geschichte.
Obwohl Irland als Reiseziel für Pilger*innen nicht so bekannt ist wie Santiago de Compostela, haben uralte spirituelle Traditionen und die religiöse Geschichte Irlands wunderschöne Pilgerrouten hervor gebracht. Wallfahrtsorte wie Heilige Berge, die Höhlen von Einsiedlern und Klostersiedlungen liegen am Wegesrand.
Diese Pfade verknüpfen die spirituelle Landschaft Irlands und laden Menschen dazu ein, wandernd in sich zu kehren und sich neu mit der Welt zu verbinden.
Pilgern in Irland
Pilgern in Irland ist eine lebendige Tradition. Noch immer begeben sich tausende Ir*innen auf Wallfahrt. Während manche dafür zum Camino reisen, entdecken andere örtlichen Pilgerwege und alte Traditionen wieder. Oft steht dabei das Thema der Buße im Vordergrund. So pilgern einige hartgesottene Wallfahrer*innen ohne Schuhe oder nehmen an einer 24 stündigen Fasten- und Wachzeit teil.
Obwohl sich viele Pilger*innen heute auf mittelalterliche Traditionen berufen, geht ihr Ursprung oft noch viel weiter zurück. So war beispielsweise der Heilige Berg Croagh Patrick schon in vorchristlicher Zeit als spiritueller Ort bekannt, und blickt auf mehr als 5000 Jahre Geschichte zurück.
Seit 2014 wurde mit Pilgrim Paths ein Festival ins Leben gerufen, bei dem Pilger*innen gemeinsam über einen Monat verteilt fünf unterschiedlich schwierige Pilgerwege in Irland laufen können. Zwei davon, St Kevin’s Way und St Finbarr’s Pilgrim Path, stellen wir Ihnen hier vor.
1. St Kevin’s Way
Wo: Von Hollywood nach Glendalough (in der Nähe von Dublin)
Länge: 30km (Tageswanderung)
Schwierigkeitsgrad: Moderat
Auf dem St Kevin’s Way wandeln Sie in den Fußstapfen des gleichnamigen Heiligen, der im sechsten Jahrhundert in den Bergen von Wicklow Einsamkeit und religiöse Erkenntnisse suchte. Dem Einsiedler folgten zahlreiche Anhänger und so entstand die bis heute erhaltene Klostersiedlung von Glendalough.
2. Der Kerry Camino
Wo: Von Tralee nach Dingle, in Kerry, dem Südwesten Irlands.
Länge: 58km (3 bis 4 Tage)
Schwierigkeitsgrad: Moderat
Wie sein Namensvetter in Santiago, stellt der Kerry Camino Pilger*innen ein Zertifikat aus, wenn diese genügend Stempel zwischen Tralee und Dingle gesammelt haben. In umwerfend schöner Küstenlandschaft können Pilger*innen viel über St Brendan, einen frühchristlichen Mönch und Missionar, lernen. Ihm ist der Heilige Berg Mount Brandon gewidmet und die Niederschrift seiner abenteuerlichen Reisen ist eines der ersten schriftlichen Zeugnisse in Irland.
3. Derrynane Mass Path
Wo: Derrynane, Kerry. Im Südwesten Irlands.
Länge: 6.3 km (ca 3 Stunden)
Schwierigkeitsgrad: Moderat
Unter den Penal Laws der britische Besatzung Irlands war es den Katholiken verboten, Messen zu feiern. Ab dem 17. Jahrhundert hielten die Gläubig daher illegale Gottesdienste in der Natur, an so genannten Mass Rocks ab. Der Derrynane Mass Path bringt Sie zu einem solchen Versammlungsort und erinnert gleichzeitig an Daniel O’Connell, einen der größten Kämpfer für die Befreiung der Katholiken. Der hübsche Rundweg führt Sie zum Anwesen und den Gärten seiner Familie.
Der Derrynane Mass Path verläuft teilweise entlang des berühmten Kerry Way und bietet wunderschöne Blicke auf die Bucht, in der Lamb und Abbey Island liegen. Auf Abbey Island kann man die Ruinen einer alten Kapelle bewundern.
4. St Finbarr’s Pilgrim Path
Wo: Von Drimoleague nach Gougane Barra. In County Cork, Süd-West Irland
Länge: 37km (Zweitageswanderung)
Schwierigkeitsgrad: Herausfordernd
Der Legende nach richtete sich St Finbarr im sechsten Jahrhundert auf einem Felsen stehend an die Bewohner*innen von Drimoleague und mahnte sie, sich zum Christentum zu bekehren. Dann wandte er sich nach Norden und ließ sich in Gougane Barra nieder. In der Abgeschiedenheit seiner Kapelle auf einer kleinen Halbinsel zwischen den Hügeln verbrachte er den Rest seiner Tage. Der St Finbarr’s Pilgrim Path folgt seinen Schritten und führt über drei majestätische Gebirgszüge bis in das idyllische und friedvolle Tal, wo St Finbarr als Einsiedler weilte.
5. Croagh Patrick
Wo: Im County Mayo im Westen Irlands.
Länge: 7km
Schwierigkeitsgrad: Mittel bis schwer (steiler Anstieg)
Die Wanderung zur Spitze von Croagh Patrick ist mit Abstand der beliebteste der Pilgerwege in Irland. Croagh Patrick gilt als der Heilige Berg in Irland und ist St Patrick, dem Schutzpatron der Insel und Namensgeber des Paddy’s Day, gewidmet. Einer Jahrhunderte alten Tradition folgend, nehmen jedes Jahr über 25,000 Pilger*innen an seiner Besteigung am „Reek Sunday“ teil. Reek Sunday ist der letzte Sonntag im Juli und erinnert daran, wie St Patrick 40 Tage lang auf diesem Berg fastete.
Tief verankert im religiösen Bewusstsein der Ir*innen, begeben sich manche sogar barfuß auf die Wallfahrt. Trotz der großen Beliebtheit ist der Schwierigkeitsgrad dieser Pilgerwanderung nicht zu unterschätzen.
Die Füße tausender Pilger*innen haben den steilen Anstieg in eine Geröllpiste verwandelt und oft verhängen Wolken die Spitze und beeinträchtigen die Sicht. Es lohnt sich also, gutes Wetter für eine Besteigung des Heiligen Berges abzupassen. Dann wird man auf dem Gipfel nicht nur mit der Aussicht auf die Kapelle, sondern auch die mit Inseln überstreute Clew Bay belohnt. Viele Wanderer erklimmen den Croagh Patrick übrigens auch im Abschluss einer Wanderung auf dem Western Way der von Oughterard in Connemara nach Westport (und weiter) führt.