Die Wanderung entlang des Western Way ist für Hillwalk Tours ein Heimspiel: der Startpunkt im Fischerdorf Oughterard ist keine Stunde von Galway entfernt und liegt somit direkt vor unserer Haustür. Wer im Westen Irlands beheimatet ist, kann sich glücklich schätzen von grandiosen Landschaften umgeben zu sein: steile Klippen, abgeschiedene Inseln, dramatische Berg-Profile und romantische Seen umgeben uns. Doch auch unter all diesen beeindruckenden Orten sticht Connemara durch seinen rauen Charme hervor. Hier stellen wir Ihnen nun einige der Höhepunkte entlang des Western Way vor.
Wandern in Connemara
Wem schroffe Felsformationen, schimmernde Wassermassen und erdige Moorlandschaften gefallen, dem wird die wilde Schönheit Connemaras das Herz erfreuen. Connemara befindet sich in der Grafschaft Galway und umfasst die Gegend westlich von Lough Corrib. Was diesen unverwechselbaren Landstrich auszeichnet, ist neben der grandiosen Natur die Präsenz der irischen Sprache und die Aufrechterhaltung von Volkstraditionen wie Gesang, Tanz und Segeln. Die vielen Schilder mit der Aufschrift „Gaeltacht“, welche häufig am Straßenrand zu sehen sind, markieren irisch-sprachige Gemeinden und sind bezeichnend für Connemara. Sie istnämlich die Region mit der höchsten Anzahl an irischen Muttersprachlern in ganz Irland. Zudem ist Connemara auch ein Ort von großer spiritueller Bedeutung: heilige Plätze und antike Bauwerke erzählen von einem Irland aus vergangener Zeit. Zu Fuß ist also genau die richtige Geschwindigkeit, um bewusst diese magische Gegend zu erkunden, und ihren Liebreiz zu genießen.
#1 – Lough Corrib
Der Western Way startet in dem Fischerdorf Oughterard, von wo aus der Weg an den Ufern von Lough Corrib entlangführt. Lough Corrib ist der zweitgrößten See Irlands.
Landschaftlich auffällig sind vor allem die bezaubernd schönen Inseln, die wie die Köpfe von Riesen aus seinen Wassern ragen. Es ist nicht völlig klar, wie viele Inseln es genau gibt: ging man früher von 365 aus, haben neue Vermessungen mit GPS Technik ergeben, dass es bis zu 1332 sein könnten. Ein Teil der Diskrepanz ergibt sich sicherlich durch die Definition von Insel. Je nach Wasserspiegel liegen manche von ihnen nämlich versteckt unter Wasser.
Es wird angenommen, dass der Name des Sees keltischen Ursprungs ist und auf den irischen Meeresgott Manannán mac Lir zurückgeht. Der „Sohn der See“ ist ein Fährmann, der sich auf seinem Boot zwischen der Unterwelt und der Welt der Sterblichen hin und her bewegt.
Weiter im Norden befindet sich nur eine einzige Insel. Auf der hauste einst die Piraten-Königin Gráinne O’Malley in der uneinnehmbaren „Hennen-Festung“, die man immer noch vom Ufer aus sieht. Lough Corrib kann sich also nicht über einen Mangel an interessanten Einwohnern beklagen.
#2 – Máméan: Der „Pass der Vögel“
Wenn Sie dem Western Way von Maam aus weiterfolgen, führt Sie ein steiler Anstieg bis zu Máméan, einem historischen Bergpass. Máméan bedeutet „Pass der Vögel“ und verbindet das Maam Tal mit dem Inagh Tal. Er mündet in eine antike Stätte: dort befinden sich heute eine kleine Kapelle, eine Statue von St. Patrick und eine heilige Quelle. Der höchste Punkt erlaubt einen fantastischen und weitschweifenden Blick in die Täler, die sich vor Ihnen auffälteln. Die Nutzung dieses besonderen Ortes spiegelt die bewegte Geschichte Irlands wider.
Es wird angenommen, dass der Pass schon vor der Christianisierung ein Umschlagplatz für Waren und gleichzeitig eine Feststätte gewesen sei. Mit dem Aufkommen des Christentums wurde dann ein Schrein errichtet und dem Heiligen Patrick gewidmet. Im 17. und 18. Jahrhundert stellten jedoch die „Penal Laws“ (dt.Strafgesetze) das Praktizieren des Katholizismus unter Strafe. In Máméan wurden dennoch geheime Messen abgehalten. Orte wie dieser werden auch als „Mass Rock“ (Messe-Felsen) bezeichnet und sind überall in Irland anzutreffen.
Erst in der jüngeren Vergangenheit machte der Priester Fr. Micheál McGreal den Ort wieder als Pilgerstätte beliebt und hält seither ein Mal jährlich eine Messe unter freiem Himmel ab.
#3 – Das Inagh Tal & Die 12 Bens
Nachdem Sie Máméan erklommen haben, gelangen Sie ins Inagh Valley, eines der schönsten und friedvollsten Täler in ganz Irland. Aus dem Tal blickend erhebt sich zu ihrer Linken ein malerischer Gebirgszug, welcher auch die „Twelve Bens“ oder „Twelve Pins“ genannt wird. Von den „Bens“ gehören einige bereits zum Gebiet des Nationalpark von Connemara.
Auf der gegenüberliegenden Seite ragen die Maamturk Mountains auf, die für Wanderer zu den wildesten und anspruchsvollsten Bergen in County Galway gehören. Eine weitere Bekanntschaft, die Sie im Inagh Tal schließen können, sind die allgegenwärtigen Connemara Schafe. Kennzeichen des Connemara Schafs sind: schwarze Beine, ein schwarzer Kopf und große Stress-Resistenz, wenn es darum geht den seltenen Autofahrern auszuweichen.
#4 – Leenane: berühmte Kulisse für irische Filme und Literatur
Gegenüber des hochaufragenden, kahlen Berges Ben Gorm liegt Leenane. Das Dorf blickt auf die gleißenden Wassermassen von Killary Harbour, Irlands einzigem Fjord. Zur Erinnerung: ein Fjord ist ein durch wandernde Gletscher entstandener Meeresarm, der weit ins Innland hinein reicht und ausgesprochen tief sein kann.
Trotz seiner beschaulichen Größe und abgeschiedenen Lage gelangte Leenane zu Weltruhm. Das wohl bekannteste kulturelle Export ist Jim Sheridans Film „Das Feld“ von 1990. In diesem Drama erzählt der preisgekrönte Drehbuchautor und Regisseur die Geschichte eines Mannes und seiner Besessenheit von einem Stück Land. Nachdem er sein Leben mit der Bearbeitung dieses Feldes verbracht hat, bietet die rechtmäßige Eigentümerin es zum Verkauf. Als ein Außenseiter in Form eines Geschäftsmannes aus den USA das Feld erwirbt, hat das dramatische Folgen. Das Werk wirft tiefgehende Fragen auf über Besitz, Identität und Heimat und ist durchaus als Metapher für die Geschichte Irlands als britische Kolonie zu verstehen. Zum 25sten Jubliäum veranstaltete das Dorf eigens ein Festival zu Ehren des filmischen Meisterwerks. Bis heute kann man in Gaynors Pub, einem der wichtigsten Drehorte, einkehren und bei traditioneller Musik ein Pint genießen.
Doch Jim Sheridan ist nicht der einzige Kreative, der durch Leenane inspiriert wurde. Theaterautor Thomas MacDonagh verortet seine Tragödie um eine Mutter-Tochter Beziehung ebenfalls hier. Das Dorf taucht sogar im Titel von „Die Schönheitskönigin von Leenane“ aus dem Jahre 1996 auf. Jüngeren Datums ist Kevin Barrys Text „Killary Harbour“, Teil seiner grandiosen Kurzgeschichten Sammlung „Dark lies the Island“ von 2012. Erneut spielt die Handlung in einem Pub und thematisiert die fiktive Überflutung des Dorfes und porträtiert humorvoll einige typische Charaktere des ländlichen Irlands.
#6 – Der Blick auf Croagh Patrick
Der gute Sankt Patrick begegnet Ihnen auf dem Western Way noch mal, auch wenn er dieses Mal sanft aus der Ferne grüßt. Auf diesem Abschnitt des Western Way ragt für einige Zeit vor Ihnen „sein Hausberg“, der Croagh Patrick, auf. Nachdem Sie mit dem Aufbruch von Leenane aus die Grafschaft Galway verlassen, befinden Sie sich nun auf dem Terrain von County Mayo.
Clew Bay, die Bucht am Fuße von Croagh Patrick, ist gesprenkeltmit kleinen Inseln und bietet einen absolut magischer Anblick.
Der Aufstieg auf Croagh Patrick ist bis heute ein beliebter Pilgerweg in Irland und an Feiertagen sieht man unzählige Wanderer, die die anspruchsvolle Wanderung wagen, einige sogar auf Knien. Diese extremen Dimension von Gottesfurcht erinnert an den Heiligen Patrick selbst. Es heißt, dass er 441 nach Christus für ganze 40 Tage hoch oben auf diesem Berg gefastet hat.
Auch wenn derart radikales Praktizieren von Religiosität nur bedingt zur Nachahmung zu empfehlen ist, so unterstreicht sie doch wie sehr Menschen durch ihre Beziehung mit Orten ihr Innerstes ausdrücken. Wie die Welt, die uns umgibt und die Welt in unseren Köpfen sich gegenseitig inspirieren. Denn egal ob eine Wanderung auf dem Western Way nun zu literarischen Ergüssen oder spirituellen Erkenntnissen führt, es ist schwer von der gewaltigen Naturschönheit im Westen Irlands nicht berührt zu werden.